Mit Zeit gewebt: Faszination Analoge Weberei
Bei Manufaktur-Besichtigungen hinterlassen unsere Webmaschinen immer einen bleibenden Eindruck. Alles arbeitet, bewegt sich, saust hin und her. Dabei sind unsere Webmaschinen Baujahr 1975 keine Rennmaschinen. Im Vergleich zu heutigen Maschinen geradezu langsam – denn sie werden analog gesteuert. Und das ist faszinierend.
Alles basiert auf genau berechneten Getriebeübersetzungen und Lochkarten, mit denen das Heben und Senken der verschiedenen Kettfäden oder die Wahl des jeweiligen Schussfadens festgelegt ist.
Bis zur hochwertigen Wolldecke sind viele Schritte nötig.
Es ist für alle Besucher:innen verblüffend und auch beeindruckend, wie viele Maschinen, wieviel Wissen und wie viele Arbeitsschritte nötig sind, um aus reiner Schurwolle so hochwertige Produkte zu fertigen. Es ist ein Erlebnis, das den Wert einer echten Wolldecke eindrucksvoll vor Augen führt.
Jedes Gewebe, ob uni, mehrfarbig oder gemustert, muss genau berechnet und die Webmaschine exakt auf diese Anforderung hin eingerichtet werden. Das macht unser Webmeister. Dabei ist absolute Präzision erforderlich, denn jeder Fehler bei den Lochkarten oder Einstellungen der Maschinen führt zu einem Webfehler.
Oldschool: Das Binär-Prinzip
Die Lochkarten funktionieren nach dem Binär-Prinzip, dass Joseph-Maria Jacquard erfunden und damit die Jacquard-Weberei ermöglicht hat. Die Lochkarte gilt als Vorläufer der heutigen Computertechnik. Das erste, Information speichernde und verarbeitende Gerät mit praktischem Nutzen war ein Wunder der Industriellen Revolution.
Das Prinzip ist einfach und zuverlässig: Ertastet die Nadel der Lochkartenmaschine kein Loch in der Lochkarte, bleibt der entsprechende Schaft mit den Kettfäden unten, fällt die Nadel in ein Loch, hebt sich die Kette.
Masse können und wollen wir nicht.
Bei einem sich häufig wiederholenden Rapport kann das eine kurze Lochkarte von einigen Zentimetern erfordern, bei komplexen Mustern und Farbwechseln eine bis zu 9 Meter lange Lochkarte, auf der bis zu 2.400 Schussfäden definiert werden.
Das Verfahren mutet antiquiert an, zumal heute alle
Informationen digital verarbeitet werden. Die Veränderung von Drehzahlen, Mustern und Farbgebung ist auf einer digitalen Webmaschine keine große Sache. Bei uns verlangt jede Änderung Zeit, Wissen und Akribie. Und das Schlagen einer
Lochkarte auf der Stanze ist schon etwas Besonderes.
Nicht alles muss immer schnell gehen.
In unserer gesamten Manufaktur arbeiten wir auf analogen Maschinen. Aber das hat für uns keinen nostalgischen oder musealen Charakter. Unsere Maschinen sind langsamer als heutige Maschinen, aber genau das Richtige für unsere Fabrikation. Schurwolle ist ein Naturprodukt, benötigt Zeit und Maß bei der Verarbeitung und behutsamen Veredlung. Denn wir setzen auf einzigartige Qualität. In erster Linie stellen wir ein langlebiges Produkt her, etwas, das über Jahrzehnte Freude schenkt. Masse können und wollen wir nicht. Das erleben alle, die unseren analogen Maschinen bei der Arbeit zusehen.